Jetzt wird mir im neuen Jahr sicherlich wieder die Bude eingerannt werden. Obwohl, "Hartz-4 verfassungswidrig" habe ich bislang noch nicht gelesen, und so kennt es der "Regelarbeitslose" ja nur. Zumindest werde ich immer fragend angeschaut, wenn ich schon stark vereinfacht nach einem "ALG-II-Bescheid" frage. "Ach, Hartz-4 meinen meinen Sie."
Und dann darf ich jedes mal erklären, dass es keine Mehrleistungen bedeutet. Die Anfänge zeichnen sich schon bei den Kommentaren im zitierten Beitrag ab:
"Das Urteil ändert ja nur etwas an der zukünftigen Organisationsform. Mehr Geld wird der Einzelne dadurch denke ich nicht erhalten.""Denke ich, aber ich frage einfach mal meinen Anwalt. Kostet ja nichts."
Mal gut, das erstmal die Feiertage kommen und ich bis Neujahr heimlich in der Kanzlei sitze und schön die Tür zu- und das Licht auslasse ...
6 Kommentare:
Eine gewisse Verachtung gegenüber Hilfeempfängern meine ich aber schon aus Ihrem Text herauszuhören. Vielleicht denken Sie lieber mal über die heutige Situation von Erwerbslosen in einem schier undurchschaubaren und menschenverachtenden Repressionswerk wie der SGB-II-Gesetzgebung nach. Das können Sie auch bei abgeschaltetem Licht.
Ich hege keine generelle Verachtung gegenüber Hilfeempfängern. Ich bin aber definitiv der Ansicht, dass 347,00 Euro zur "freien Verfügung" nicht zu wenig zum Leben sind. Und die Bescheide, die ich angefochten habe, wurde auch tatsächlich zu 80 % zugunsten der Betroffenen geändert. Und wenn ich Hilfe beantragen würde, wäre ich mit Familie und Miete auch mit über 1.500,00 Euro dabei. Das mag für Sie "menschenverachtend" sein, aber immernoch ca. 300,00 Euro mehr, als ich im Referendariat hatte.
Ich bestreite nicht, dass die Situation älterer Empfänger wirklich recht menschenverachtet ist, was aber im meinen Augen nichts mit dem Umfang der erbrachten Leistungen, sondern vielmehr mit der persönlichen Wertschätzung zusammenhängt, welche eine berufliche Tätigkeit mit sich bringt.
Wie kommen Sie denn auf die absurde Idee, ein Hilfeempfänger hätte 347,- Euro zur freien Verfügung? Von dieser Pauschale sind doch die Stromkosten abzusetzen, außerdem sämtliche Kosten für Sehhilfen und Krankheitskosten, die der Gesetzgeber 2004 ohne Härtefallregelung aus dem Kassenkatalog gestrichen hat. Ebenfalls das Geld für bescheidene Weihnachtsgeschenke und Festlichkeiten in geringem Umfang sind schon enthalten. Von dem, was übrig bleibt, muss der Hilfeempfänger Ansparungen vornehmen, mit denen er angeblich seinen gesamten Bekleidungsbedarf sowie sämtliche Schadensfälle im häuslichen Bereich und sonstige unverhersehbaren Ereignisse abdecken können soll. Und das, obwohl sich die Beträge der Regelsätze ohnehin schon an Warenkorbmodellen orientieren, die inzwischen veraltet und mehr als lebensfern sind. Angesichts solcher Verhältnisse ist Ihr Verweis auf die fehlende Wertschätzung gegenüber Älteren nichts als eine neokonservative Nebelkerze. Menschenwürde darf nicht denjenigen vorbehalten sein, die gesund waren und eine Erwerbsbiografie aus Zeiten der Vollbeschäftigung vorweisen können.
Aha, Stromkosten sind in einem vernünftig geführten Ein-Personen-Haushalt in der Regel nicht mehr als 20 Euro im Monat und welche großen Schäden können denn im Haushalt entstehen? Vernünftige elektrische Gerät sind für wenig Geld zu haben, Ansparungen sind aufgrund des § 23 SGB II gerade nicht erforderlich. Erstausstattungen werden auch übernommen. Geht man daher von einen vernünftigen Nahrungsmittelbedarf von ca. 5 Euro am Tag aus, bleiben locker 150,00 Euro im Monat für den restlichen Bedarf, also etwa 1.800,00 Euro im Jahr für die übrigen Anschaffungen.
Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum es - zumindest für einen Nichtraucher - nicht möglich sein soll, von ca. 600,00 Euro im Monat menschwürdig zu leben. Jeder Student kann das.
Oder mal ganz platt gefragt:
Bei welchem Betrag fängt denn menschenwürdiges Leben an?
Und: Was ist Menschenwürde?
Und: Hat der, der mehr Geld hat, auch mehr Würde?
Ach, jetzt sind es sogar schon 600 Euro. Die KdU und sämtliche Nebenkosten, die nicht übernahmefähig sind, zu dessen Leistung der HE aber dennoch vertraglich verpflichtet ist, sind gemäß Ihrer Vorstellungswelt nun auch der freien Verfügung zuzurechnen, oder wollten Sie mit der Nennung immer größerer Zahlen einfach nur etwas Öl ins Feuer gießen? Sagen Sie doch gleich, dass Sie jeden Hilfeempfänger am liebsten studentenähnlich in einem billigen möblierten Zimmer untergebracht sähen, nur eben auf Lebenszeit bzw. mindestens für die Dauer des Leistungsbezuges, denn wer nicht arbeitet, der soll auch nicht gescheit wohnen, und wer kein Geld für die Menschenwürde braucht, der kommt auch mit 12 Quadratmetern aus - das konnten Sie ja damals schließlich auch. Oder noch besser: den HE wieder bei den Eltern einziehen lassen, denn auch dort haben Sie ja mal gewohnt - warum sollte es also einem 49jährigen nicht zuzumutbar sein? Braucht es wirklich eine Wohnung für die Menschenwürde? In Indien leben Mönche ganz ohne Möbel nur auf dem Gebetsteppich, und die verzehrte Nahrung besteht aus freiwilligen Spenden der Nachbarschaft. Fehlt es den Mönchen an Menschenwürde? Ganz sicher nicht. Das wäre also ebenfalls ein Modell für unsere Arbeitslosen, nicht wahr? Und obendrein ein feuchter Traum für alle Neokonservativen, denn das Schlafen auf dem harten Boden stärkt zweifellos das Gefühl für Eigenverantwortung insbesondere bei Langzeitarbeitslosen. Sie sehen, Sie haben mich (fast) überzeugt. Überhaupt, wozu noch westeuropäische Lebenswirklichkeiten diskutieren; die Strompreisentwicklungen der vergangenen Jahre sind ja scheinbar ebenfalls an Ihnen abgeperlt, und ob sich der HE nach Abzug der ungedeckten Krankheitskosten, Sehhilfen, Praxisgebühren und Zuzahlungen für Arzneimitteln nun auch noch die Reparatur der Waschmaschine tatsächlich vom Munde abgespart oder das Geld via 23 SGB II darlehensweise zur Verfügung gestellt bekommen hat, so dass es ihm anschließend von der Regelleistung gleich wieder abgezogen wird, von diesem Unterschied sollten Sie meiner Meinung nach leben müssen, damit Ihnen der Hochmut ausgetrieben wird.
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